Wie auch in anderen Städten spielte im gewerkschaftlichen Leben Bremerhavens die Lokalfrage eine große Rolle. Es gab nur wenige Gastwirte, die ihre Räume aus gesinnungsmäßiger Verbundenheit den Gewerkschaften zur Verfügung stellten.
Für die übrigen war es eine geschäftliche Angelegenheit. Wirte, die ihre Lokale Arbeiterorganisationen zur Benutzung vermieteten, hatten vielfach unter behördlichen Schikanen zu leiden und wurden außerdem von anderen Organisationen boykottiert.
Nach jahrelangen Auseinandersetzungen und mehreren Boykottmaßnahmen gegen Wirte, beschloss das Gewerkschaftskartell in Verbindung mit dem „Konsum- und Sparverein Unterweser“ den Bau eines eigenen Hauses mit entsprechenden Büro- und Versammlungsräumen.
Das erste Gewerkschaftshaus wurde 1907 erbaut und 1912 geschlossen. Es bestand aus einem Gasthaus mit zwei großen Sälen und einer Herberge mit 22 Zimmern für gewerkschaftlich organisierte Arbeiter. Inhaber des Hauses waren aktive Gewerkschafter. Die Rolle des Gewerkschaftshauses nahm das Haus „Eintracht“ ein, welches noch im gleichen Jahr eröffnet wurde. Hier hatten fast alle Gewerkschaften ihre Büroräume, es gab ein Arbeitersekretariat und eine Arbeiterbibliothek. Vor allem nach dem Ersten Weltkrieg war das Haus Eintracht das Zentrum des gewerkschaftlichen, sportlichen und kulturellen Lebens der Arbeiterschaft an der Unterweser.
Im Februar 1920 wurde das Parteisekretariat der SPD im Haus Eintracht eingerichtet. Erster Parteisekretär an der Unterweser war Heinrich Jensen. Jensen arbeitete bis zum 9. November 1923 für die SPD, sein Nachfolger wurde Heinricht Kammerahl nach der Wiedereinrichtung des Sekretariats am 1. Februar 1924. Die zwischenzeitliche Schließung war auf Grund der Inflation und deren katastrophalen Auswirkungen notwendig.
Auch im Widerstandskampf gegen die Nazis spielte das Gewerkschaftshaus eine Rolle: Flugblätter, Zeitungen und Broschüren wurden gedruckt, die „Eiserne Front“ und das „Reichsbanner“ (ein überparteilicher Bund von Kriegsteilnehmern zur Verteidigung der Weimarer Republik) startete von hier aus Veranstaltungen und Aktionen. Am 2. Mai 1933 wurde das Gebäude von der SA (Sturmabteilung) besetzt und die Gewerkschaftssekretäre verhaftet. Neben den Gewerkschaftshäusern wurden auch die Parteibüros von SPD und KPD geplündert. Dabei fielen den Nazis Wahlplakate, Fahnen, Flugblätter und die Arbeiterbibliothek in die Hände. Die dort gefundenen Unterlagen wurden am 6. Mai 1933 auf dem Theodor-Heuss-Platz verbrannt. Das Gebäude wurde dann von der „Deutschen Arbeitsfront“ genutzt, die Gewerkschaft der NSDAP.
(vgl. Antifaschistische Stadtrundfahrt, 2007; Herbig, 1979; Gabke, 1991)